(HOK). Emmen, Niederlande im Januar 2006. Qualifikation zur Handball-WM. Niederlande gegen Griechenland. Nach einem tollen Spiel siegen die Holländer knapp aber verdient. Herausragend neben Fabian van Olphen, seinerzeit noch für den TuS N-Lübbecke aktiv, ist ein junger Linksaußen namens Tim Remer; Handball-Insidern vom Nord-Zweitligisten TV Emsdetten bekannt. Remer wirft sieben Tore aus sieben Versuchen. Auch anwesend in der kleinen aber stimmungsvollen Halle: TuS-Coach Jens Pfänder.
Danach ging alles ziemlich schnell. Im Februar sicherte sich der TuS N-Lübbecke zunächst für zwei Jahre die Dienste des erst 21-Jährigen schnellen Rechtshänders.
Tim Remer zog zusammen mit seiner Freundin Wendy an den Wiehen und fand nach Abschluss der intensiven Saisonvorbereitung Zeit für ein Gespräch mit der www.tus-n-luebbecke.de-Redaktion.
„Als nach dem Länderspiel gegen die Griechen Fabian van Olphen zu mir kam und sagte, dass sein Trainer auch in der Halle war und mit mir sprechen möchte, war ich überglücklich. Es war immer mein Traum, in der ersten Bundesliga zu spielen“, kommt Remer noch heute ins Schwärmen, wenn er an dieses Spiel denkt und ergänzt: „In der Bundesliga zu spielen, ist der größte sportliche Erfolg, den ich bislang erreicht habe.“
Zum Handball bekehrt
Erst relativ spät – etwa mit 13 oder 14 Jahren –
habe er angefangen, Handball zu spielen. Den Bezug zu der Sportart, die in den Niederlanden ein Nischendasein fristet, bekam er in die Wiege gelegt: „Meine Eltern und meine ältere Schwester spielen Handball. Ich habe es zuerst mit Fußball versucht, mich aber dann doch noch bekehren lassen und es lief gut.“
Dass es „gut lief“, ist keine Frage, denn nach mehreren Stationen in Holland, wechselte der Playstation-Fan schon als 18-Jähriger in die zweite Bundesliga zum TV Emsdetten. Bis zu seinem Länderspieldebüt in der A-Mannschaft musste er nicht lange warten. Aktuell hat er 35 A und 15 Juniorenländerspiele hinter sich gebracht und ist Stammspieler der niederländischen Auswahl, die sich zum Ziel gesetzt hat, mittelfristig die Qualifikation für ein großes Turnier zu schaffen. In der bevorstehenden EM-Quali trifft er mit seiner Mannschaft übrigens auch auf Patrick Fölsers Österreicher.
Doch jetzt gilt seine gesamte Konzentration dem TuS N-Lübbecke. Was erwartet er von sich selbst? „Ich möchte mir Spielzeit erarbeiten, in der ich zeigen kann, was ich draufhabe. Mit der Mannschaft möchte ich natürlich jedes Spiel gewinnen. Und wenn man alle Spiele gewinnt, ist man Deutscher Meister“, lacht Tim und relativiert sogleich: „Das ist mein Ziel als Sportler. Eine Prognose gebe ich nicht ab. In der letzten Saison wollten wir mit dem TV Emsdetten einen einstelligen Tabellenplatz und waren plötzlich Dritter.“
Tim Remer lacht viel. „Ich bin immer gut drauf und nicht egoistisch“, charakterisiert er sich selber. „Aber im Spiel bin ich ein anderer Mensch.“ Wie das? „Da bin ich nicht mehr freundlich, da will ich gewinnen!“ Er sei aber, obwohl er sich im Spiel nicht alles gefallen ließe, kein Typ für rote Karten. „Das wäre wohl anders, wenn ich im Mittelblock spielen würde, aber auf außen bekommt man kein rot.“
Bekennender Langschläfer
Tims Freundin Wendy, die in einem Golfhotel in Rheine fest angestellt ist, meint: „Er ist freundlich, muss immer etwas zu tun haben und ist sehr spontan.“
„Soll ich auch schlechte Eigenschaften nennen?“ fragt Remer augenzwinkernd? Das gehört dazu! Also? „Außerhalb des Sports bin faul und schlafe gerne lange!“ Sei es ihm verziehen. Welcher Profihandballer ohne Kinder tut dies nicht gerne?
Die Integration in die neue Mannschaft verlief bestens. „Ich habe mir schon Respekt verschafft, als ich auf der Rückfahrt aus dem Trainingslager in Schweden die ganze Mannschaft beim Pokern abgezogen habe“, verkündet Tim stolz. Mit seiner Rolle als jüngster Spieler, dem traditionell Aufgaben wie Wasserkisten schleppen zufallen, kommt er bestens klar: „Ich habe die meiste Kraft und bin frisch im Kopf. Das ist ein wichtiger Vertrauensposten. So sehe ich das“, lacht Tim. Wendy fügt hinzu: „Unsere ganze Wohnung steht voller Wasserflaschen!“
Das sei doch besser als Bierflaschen fragen wir, worauf Tim entgegnet: „Ja, ab und zu muss mal Party sein. Aber ich bin Profisportler., Auch wenn es sich mit meinen 21 Jahren komisch anhört, ich bin mit dem Thema Party durch. In meiner Zeit in Emmen war von Montag bis Montag Party. Das ist vorbei. Es ist sehr schön, abends wie alte Leute vor dem Fernseher zu sitzen!“
Von seiner neuen Heimat hat Tim noch nicht viel gesehen. Die lange Vorbereitung machte es nicht möglich. „Aber die Innenstadt ist nett. Obwohl ich aus der Nähe von Rotterdam komme, mag ich das ruhige Leben in einer ländlichen Gegend.“ Nach und nach werde er Land und Leute kennenlernen. Offen, wie er als Holländer ist, haben wir da auch keinerlei Bedenken.
Herausforderung Führerschein
Offen, humorvoll, freundlich - es muss doch auch eine „dunkle Seite“ an Tim Remer geben? „Ja, ich werde wütend und rasend, wenn irgendetwas nicht klappt. Es ist egal was. Wenn etwas nicht sauber wird oder etwas im Spiel nicht klappt, werde ich wütend“. Und über was lacht der „Southpark“-Fan? „Über alles, was mich nicht wütend macht!“, ist die simple Antwort.
Bleibt noch die Frage nach dem Beruf: „Ich habe die Realschule abgeschlossen und danach nur Handball gespielt und dort ein Diplom gemacht. Was ich mal werden will, weiß ich noch nicht, Ich habe fast täglich neue Ideen. Trainer, Koch...“ Die letzte Antwort lässt zwangsläufig die Frage aufkommen, was er denn gerne koche. Die verblüffende Antwort: „Gar nichts. Ich kann nicht kochen. Aber ich will es lernen. Alles was ich nicht kann, will ich lernen. Ich suche die Herausforderung.“
Diese Herausforderung sucht Tim neben dem sportlichen Bereich in der Bundesliga derzeit in der Fahrschule. „Ich habe mich gerade angemeldet, denn ich will endlich Auto fahren dürfen“, erklärt er und beschreibt die Herausforderung konkreter: „Diese blöden Fragen nach dem maximalen Gewicht eines PKW oder der maximalen Höhe werde ich auch noch lernen, obwohl diese Fragebogen in deutscher Sprache recht schwierig sind. Auf holländisch gibt es die unverständlicherweise nicht“, ist er als bekennender Optimist trotz dieser Widrigkeiten zuversichtlich, bald die Gegend mit dem Auto erkunden zu können. Tim spricht übrigens hervorragend Deutsch.
So endet nach beinahe zwei Stunden das kurzweilige Gespräch mit dem sympathischen Linksaußen. Nicht ohne, dass er abschließend noch etwas loswerden möchte: „Ich hoffe auf eine gute Saison für alle: Mannschaft, Fans, Vorstand und Sponsoren. Wir werden alles dafür geben!“
Steckbrief Tim Remer
Geburtstag: 29.07.85
Familienstand: ledig, seit 2 Jahren mit Wendy liiert
Herkunft: Nähe Rotterdam
Position: LA
Rückennummer: 85
Größe: 1,94 m
vorheriger Verein: TV Emsdetten
Länderspiele: 35 NL
Tim Remer persönlich
Wenn ich im Stau stehe, ... schlafe ich, da ich keinen Führerschein habe.
Den Abwasch zuhause macht ... die Spülmaschine
Mein Lieblingsfilm ist... Platoon
Zu meiner Party würde ich .... Fabian van Olphen einladen.
Niemals einladen würde ich ... Osama Bin Laden
Ein Fußballspiel Deutschland – Holland schaue ich ....immer
Der größte Unterschied zu zuhause ist, ... dass ich alles selbst machen muss.
Mein Motto lautet: Alles rausholen, was drin ist.
Das Glas ist halbvoll oder halbleer? Immer halbvoll!
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